
Mein Dichter des Jahres ist Ludwig Gotthard Kosegarten (6). Er
wurde am 1. Februar 1758 im mecklenburgischen Grevesmühlen geboren. Manche kennen ihn als Theobul – diesen Namen hatte er als Dichter eine Zeitlang angenommen.
Als Sohn eines Pastors wurde er zu Hause in klassischen Sprachen unterrichtet. Mit 17 Jahren geht er nach Greifswald um Theologie zu studieren. Die Vorlesungen enttäuschen ihn. Die Gottesdienste – eine trockene Auslegung von Bibeltexten - empfindet Ludwig Gotthard als armselig. Auch für das Studentenleben mit seinem Lärm und Degengeklirr kann er sich nicht erwärmen. Da schreibt er lieber Gedichte und gründet einen Bildungszirkel für die „höheren Töchter“ der Stadt.
Schon als Student bereist er die Insel Rügen, deren Schönheit er besingt. Damit schafft er als Vorbote der Romantik den Ursprung des Mythos Rügen und der Reiseliteratur. Die See wo Kosegarten wohnt, wird Heinrich von Kleist später in seinen Abendblättern im Zusammenhang mit einem Gemälde von Caspar David Friedrich schreiben, welchen Kosegarten maßgeblich inspiriert hat. Er wird mit Jean Paul und Goethe korrespondieren. Und mit Schiller, welcher ihn in seiner jährlich erscheinenden Anthologie, dem Musenalmanach (3) berücksichtigt. Der Komponist Franz Schubert (2) wird einen ganzen Zyklus seiner Gedichte vertonen …
Doch 1777 muss Kosegarten erst einmal aus Geldmangel eine Hauslehrerstelle in Bergen auf Rügen annehmen. Er verliebt sich in seine Schülerin, die schöne und anmutige Caroline, die seine Begeisterung für Literatur und Poesie teilt. Kaum ist das geheime Verhältnis zwischen den beiden jungen Leuten aufgeflogen, muss der Lehrer aus dem Haus. Caroline wird mit einem Vetter verheiratet. Dass es Kosegarten ernst war mit seiner Liebe, erzürnt den Landvogt. Jedermann verzeiht Ihre Leidenschaft, aber Ihre Unbesonnenheit verzeiht niemand, schreibt er.
Ludwig Gotthard kommt darüber nicht so leicht hinweg. Das Thema einer aufgrund von Standesunterschieden unerfüllten Liebe wird ihn noch Jahrzehnte später in seinen poetischen Schriften beschäftigten. In Ewalds Rosenmonde (5) - eine Geschichte die er 1791 unter dem Pseudonym Tellow veröffentlicht – heißen die beiden Liebenden Ewald und Ida, die Insel Rügen wird zu Düstern.
Nach weiteren Jahren als Hauslehrer und Direktor einer Knabenschule in Wolgast bekommt er 1792 die Pfarrstelle in Altenkirchen (4) auf der Halbinsel Wittow, dem nordöstlichen Teil Rügens. Er ist inzwischen verheiratet mit Katharina Linde, der Tochter des Kasnevitzer Pfarrers. Und auch die dreijährige Tochter Alwina Luise zieht ins Pfarrhaus mit ein.
Nur wenige Kilometer entfernt befindet sich eine beeindruckende Steilküste sowie die Überreste der Burg Arkona (1),
einer slawischen Kultstätte, deren Tempel vor der Einführung des Christentums das Hauptheiligtum der Rahnen gewesen war. Auch die christlichen Uferpredigten, für die Kosegarten
besonders bekannt geworden ist, gehen auf heidnisches Brauchtum zurück. Schönheit ist für ihn das Göttliche in der Natur. Darüber hat er promoviert und das will er den Menschen
in seinen Predigten unter freiem Himmel nahebringen.
Mehr zu diesen Uferpredigten finden Sie am Ostersonntag hier auf meinem Blog.