Liebe Leserinnen, liebe Leser,
mein Dichter des Jahres 2021 ist ein Vertreter der (Spät)Aufklärung. Er wollte die Empfindsamkeit nicht auf der komischen, sondern auf der gefährlichen Seite darstellen … schreibt er im Vorwort des Verfassers zu einer Geschichte aus dem Jahre 1783.
In der Literatur ist die Empfindsamkeit eine Strömung innerhalb der Aufklärung. Klingt das nicht nach einem Widerspruch? Waren die Aufklärer doch Verfechter der Vernunft im Kant‘schen Sinne: Habe den Mut Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen. Wie passt das mit den überschwänglichen oder tief empfundenen und oft fein-ziseliert ausgedrückten Gefühlen dieses Genres zusammen? Nun, die Aufklärer wollten ja auch von der steifen Gezwungenheit der höfischen Etikette und der krassen Disziplin im Absolutismus befreien. Rousseau hat in seinen Schriften eine Rückkehr des Menschen zu seiner Natürlichkeit gefordert. Begeisterung, Freude – auch an der unberührten Natur, Mitgefühl und Empathie sollten nicht länger ein Grund zu Peinlichkeit sein, sondern den Menschen vielmehr auszeichnen.
Neben Klopstock, Gellert, Caroline von Wolzogen (siehe Beitrag vom Juli 2020) und Sophie von La Roche zählt auch Goethe mit seinem Jugendwerk „Die Leiden des jungen Werther“ zu den deutschen Dichtern der Empfindsamkeit.
Mein Dichter des Jahres 2021 wirkt auf mich wie ein geerdeter Goethe oder kritischer(er) Schiller. Er ist eben selbst nicht eingetaucht, in das tiefe Empfinden, sondern steht klar beobachtend am Rande … Er verklärt die grenzenlose Hingabe an die Empfindsamkeit und Melancholie nicht, in der sich die Figuren meist bis in den Tod verlieren, sondern stellt den hochsensiblen Protagonisten der Geschichte kluge Freunde als Lebensberater zur Seite, die sich vornehmlich in Briefen äußern.
Er erzählt voller Ironie und mit dem tiefen Witz derer, die die Realitäten des Lebens kennen, darüber aber nicht ihren Sinn für Humor verloren haben. Und obwohl die Sprache im Duktus der damaligen Zeit schwingt, ist die Geschichte bemerkenswert zeitgemäß.
Zwei Szenen habe ich ausgewählt: In der einen geht es um die Erhaltung der körperlichen und seelischen
Gesundheit. Der andere liest sich wie eine Eheberatung in komprimierter Form. (Sie
können den Text herunterladen oder sich die Szenen vorlesen lassen.)
Der gesuchte Schriftsteller soll mich – gemeinsam mit meiner lieben Freundin Simone – auch in diesem Jahr wieder nach Thüringen führen, in die Stadt, in der er geboren wurde und die im Herzen musiziert.
Haben Sie erraten, um wen es sich handelt? Dann schreiben Sie mir bis Ende des Monats (kontakt@anne-riebel.de). Unter allen richtigen Antworten verlose ich einen meiner drei Wein-Krimis nach Wahl und eine Bouteille guten Pfalzwein mit dem Sie sich das Verständnis öffnen können …*
Viel Freude beim Schmökern, Rätseln und Lauschen!
Anne
* Der Gewinner oder die Gewinnerin wird von mir persönlich benachrichtig. Anfang Juni löse ich das Rätsel dann mit weiteren Informationen und Anekdoten hier auf meinem Blog auf. Dann werde ich auch sämtliche Zitat- und Quellennachweise veröffentlichen.